Hartmut Müller - Braunshäuser Straße 8 - Rengershausen - 35066 Frankenberg
Uwe G. W. Hesse - Hombergstraße 12 - Rengershausen - 35066 Frankenberg
Unsere Web- Seite: www.roteshoehenvieh.de
Rotes Höhenvieh
Privater Züchterrundbrief zum Neuen Jahr 2012
Liebe Züchterfreunde,
wie schon in den Vorjahren melden wir uns zum Neuen Jahr 2012, um
Ihnen ein erfolgreiches Zuchtgeschehen zu wünschen und über unsere
Erfahrungen des gerade vergangenen Jahres zu berichten, sowie von
neueren Entwicklungen und möglichen Zuchtausrichtungen. Das alles
verbunden mit dem Wunsch, weiterhin Kontakt zu Ihnen zu halten,
Austausch zu pflegen und gegenseitige Besuche vorzunehmen. Gleich zu
Anfang möchte ich kurz auf den Züchterrundbrief des letzten Jahres
eingehen, den wir an einen Kreis von etwa 60 Adressaten verschickt
hatten. Dieses Schreiben hat sehr verschiedenartige Reaktionen unter
den Empfängern und Lesern hervorgerufen; einige äußerten ihre
unbedingte Zustimmung zu unseren Darstellungen über fragwürdig
erscheinende Bullenlinien, andere äußerten ihr Unverständnis. Seitens
des Vorstandes des Vereins zur Erhaltung und Förderung des Roten
Höhenviehs e. V., deren Mitglieder wir sind, wurden wir dazu aufgefordert,
keinerlei Kontaktpflege in Form von privaten Rundbriefen an
Züchterfreunde mehr zu betreiben. Dieses werden wir natürlich nicht
einstellen, wie die Empfänger schon anhand unseres Schreibens
erkennen, wir haben aber den Kreis der Rundbriefempfänger eingeschränkt
und bitten alle, die den Brief erhalten, aber gar nicht daran
interessiert sind, uns das mitzuteilen, damit wir weitere Streichungen
vornehmen können. Von anderer Seite wurde umgekehrt deutliches
Interesse geäußert, so dass unsere Rundbriefe dadurch erneut einen
erweiterten Züchter- bzw. Interessentenkreis ansprechen.
Gründung eines neuen Vereins
Derzeit planen wir die Gründung eines neuen Vereins, der der Erhaltung
und Zucht des Roten Höhenviehs dienen soll. Dieser Verein hat nicht
den Sinn, andere Vereine, die sich um die Rasse bemühen, zu ersetzen
und könnte eine derartige Aufgabe auch gar nicht leisten. Er soll aber
die Funktion übernehmen, sozusagen Hüter der alten Genetik zu sein.
Mit Bedauern stellen wir seit einigen Jahren fest, dass das Rote
Höhenvieh Veränderungen unterliegt. Nicht in Form einer Entwicklung
innerhalb der Rasse, die wir selbstverständlich befürworten, sondern
durch immer weiter zunehmende Dominanz von Fremdgenetik, die wir
nicht mit dem Roten Höhenvieh in Verbindung bringen können, namentlich
den Bullenlinien, die aus anderen Ländern importiert worden sind
und der „Verbesserung“ von Leistungen dienen sollen. Was die Erhaltung
des Roten Höhenviehs nicht nur als Herdbuchrasse angeht, sondern als
Erhaltungsrasse, die u. a. auch Spuren der Genetik von Tieren enthält,
die Mitte des letzten Jahrhunderts in unseren Mittelgebirgen noch
lebten, sehen wir aber dringenden Handlungsbedarf. Tiere, die vor
allem Genetik der Bullenlinien Lacy, Brylant und Tuxer- Genetik enthalten,
können wir beim besten Willen nicht mehr als Rotes Höhenvieh
ansehen, auch wenn sie hoch im Herdbuch stehen mögen. Auf die
Schwächen dieser Zuchtausrichtungen hatten wir im vergangenen Jahr
bereits hingewiesen. Aufgabe des neuen Vereines wäre es, die Bestandsentwicklung
zu beobachten und Tiere, insbesondere Bullen, zur
Zucht einzusetzen, die noch deutlich Rote Höhenviehgenetik enthalten.
Dabei soll es züchterisch eine Rolle spielen, ob die Tiere rechnerisch
noch zwei, oder gar drei Großeltern des Roten Höhenviehs zu Vorfahren
haben, also 50% oder gar mehr alten Geblütes in sich tragen, oder ob
sie mitunter nur noch einen von 8 Urgroßeltern der Rasse Rotes Höhenvieh
zu Vorfahren haben, während bereits 7 von 8 Urgroßeltern anderen
Rassen zugehören. Dem neuen Verein geht es also um die Erhaltung
und Entwicklung des Roten Höhenviehs unter Beachtung seiner Genetik.
Wir gehen davon aus, dass eine damit verbundene Selbstverpflichtung
zum Beitrag des Gen- Erhalts einer Mehrheit von Züchtern nicht
attraktiv erscheinen wird. Mit denen möchten wir aber weiter in gutem-
und einvernehmlichen Kontakt- und auch im züchterischen Austausch
stehen. Uns ist aber gleichzeitig bekannt, dass zumindest eine kleine
Gruppe von Züchtern zusammen kommen wird, die genau an dieser
Stelle weiterarbeiten- und weiterzüchten will. Ziel soll auch sein, ein
Rotes Höhenvieh zu züchten, das ein möglichst ursprüngliches Erscheinungsbild
zeigt. Um ein Beispiel zu nennen: Wir selbst arbeiten
gern- und mit Gewinn auch mit Zuchtkühen, die noch hell gefärbt sind.
Während auf einigen Ausstellungen aber bereits überwiegend sehr
helle Tiere zu sehen sind, die auf starke Franken- und Tuxervieh-
Einflüsse zurück zu führen sein mögen, sollte das Ziel sein, züchterisch
einen Typ wieder herzustellen, der den dunklen Tieren der Rasse
entspricht, die auf dem alten Bildmaterial noch zu sehen sind.
Gleichzeitig sollten wir uns einer Einsatzempfehlung anschließen, die
seitens der Bundesarbeitsgemeinschaft seit dem 01.01.2000 gilt. Darin
wird explizit empfohlen, die Bullenlinien nicht mehr einzusetzen, die
kaum Rotes Höhenvieh verkörpern, sondern wesentlich anderen
Rinderrassen zuzuordnen sind. Genannt werden in dieser Empfehlung
die H- Linie (Frankenvieh), konkret die Bullen Hochland und Hochmoor,
die F- Linie (Lahnvieh [Gelbviehschlag]), konkret die Bullen Frank und
Fragil sowie die L- Linie (Lahnvieh), konkret die Bullen Leo und Leopold.
– Sollte es gelingen, einen kleinen Züchterkreis zu etablieren, dessen
Mitglieder sich genau mit diesem Anliegen der Erhaltung der noch
interessanten Genetik identifizieren können, sollten wir gemeinschaftlich
Richtlinien festlegen. Bislang waren wir diesbezüglich im Gespräch
mit Herrn Clemens Jeuken/ Kevelaer, der seinerseits ähnliche Zuchtansätze
verfolgt. Ich möchte diejenigen Leser bitten, die sich eine
Mitwirkung in einem neuen Verein vorstellen können, sich bis zum 12.
Februar 2012 bei mir zu melden. Danach können wir umgehend einen
Termin ins Auge fassen, der noch vor dem Beginn der Weidesaison
liegen sollte, möglichst im Monat März. Als Ort der Vereinsgründung
schlagen wir zunächst die Stadt Frankenberg (Eder) vor. Weitere
Interessenten, die diesen Rundbrief nicht erhalten, aber von den
Adressaten angesprochen werden könnten, sind herzlich eingeladen.
Abschließend einige Mitteilungen aus unserem Betrieb: Im Kalenderjahr
2011 wurden hier 19 Kälber der Rasse Rotes Höhenvieh geboren; in allen
Fällen verliefen die Geburten problemlos. Trotz der regelmäßigen Beobachtungen
kamen wir gewöhnlich dann dazu, wenn die Geburt schon
erfolgt war und die Kälber teils schon am Euter ihrer Mutterkuh
standen und tranken. Bei der Rasse Rotes Höhenvieh hatten wir im
Kalenderjahr 2011 keine Verluste oder Ausfälle, die Kühe kalben zuverlässig
in Jahresfrist. Außer den genannten 19 Kälbern waren aber noch
weitere Kühe und Rinder trächtig, die wir in die Zucht verkauft haben,
und die ansonsten ebenfalls in unserem Betrieb noch gekalbt hätten.
Zusätzlich zum Roten Höhenvieh (mit heutigen Datum, dem 22.01.2012
insgesamt 49 Tiere) halten wir englische Parkrinder (12 Tiere).
Unser Betriebsbulle Erlkönig vererbt sich weiterhin gut; beiliegend
schicke ich ein Foto mit, das das Rind Goomaatha zeigt, DE 06 641
28329, eine Erlkönig- Tochter, die am 04.10.2010 geboren wurde, im
Farbton mittelbraun ist und genau den Typ verkörpert, der im Frankenberger
Land auf historischen Fotografien der Rasse Rotes Höhenvieh
zu sehen ist. Die Aufnahme stammt von Gerd Faust.
Abschließend noch eine Begebenheit aus unserem Betrieb, die uns- und
andere Leute im Dorf, die davon gehört-, bzw. es miterlebt haben, sehr
angerührt hat: Als in diesem Jahr sehr spät die Weidesaison zu Ende
ging, wurde auch eine Rindergruppe, die auf Betriebsflächen nahe dem
Nachbardorf Wangershausen gestanden hatte, zurück zur Halle
getrieben, wo die Tiere im Winter stehen, und die sie in jedem Jahr zu
Beginn der neuen Weidesaison Anfang Mai wieder verlassen. Während
des Umtriebs, der durch Wiesengründe und über Waldwege führte,
kam die Gruppe auch durch das Goldbachtal, in dem ebenfalls Rotes
Höhenvieh gehalten wird, und zwar seitens der Weidegemeinschaft
Goldbachtal GbR. Eines der Kälber unserer Gruppe lief zur Rindergruppe
des Goldbachtals und konnte angesichts der bald anbrechenden
Dunkelheit nicht mehr vom dortigen Bestand getrennt- und mitgenommen
werden. Als nachts nach einem gerade geborenen Kalb in der
Halle gesehen wurde, drängte sich die Mutter des verloren gegangenen
Bullenkalbes durch das Tor und konnte nicht mehr zurückgehalten
werden. Am nächsten Morgen, als schon nach ihr gesucht werden sollte,
kam sie gerade mit dem Kalb zurück zur Halle. Die Kuh war ganze vier
Kilometer durch den Wiesengrund und einen Umweg durch den Wald
zurück gelaufen, um ihr Kalb zu holen! Sie empfand aber die Halle, die
sie 7 ½ Monate zuvor verlassen hatte, so sehr als ihre Heimat, dass sie
dann wieder dorthin lief, noch mal vier Kilometer. Die, die davon hörten,
und die Rasse aus früheren Zeiten noch kannten, sagten einmütig,
dass so ein Verhalten eine Eigenschaft insbesondere des „Vogelsberger
Rindes“ (frühere Bezeichnung für das in Hessen gehaltene Rote
Höhenvieh) wäre, und bei anderen Rassen kaum vorstellbar sei.
Mit besten Wünschen für ein erfolgreiches Züchterjahr 2012!
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